Herstellung und Export handgeknüpfter Teppiche ist für viele Länder der Dritten Welt ein wichtiger Existenzfaktor. Für Länder wie Pakistan, Afghanistan, Iran, Indien, China, Nepal, usw. bildet die Ausfuhr von Teppichen eine bedeutsame Einnahmequelle für Devisen. Oft sind ganze Landstriche wirtschaftlich abhängig vom Teppichexport. Das die Herstellerbetriebe meist in abgelegenen ländlichen Gebieten angesiedelt sind, wirkt zum einen der Landfluch entgegen und sorgt andererseits für Arbeitsplätze. In Zeiten, in denen die Landwirtschaft ruht, entstehen so zusätzliche Einnahmequellen für tausende von Familien.
Beispiel Indien:
Indiens Teppichproduktion findet überwiegend im sogenannten Carpet Belt statt. Das ist der „Teppichgürtel“, der sich in weitem Umkreis um die Städte Mirzapur und Bhadohi im Bundesstaat Uttar Pradesh im Nordosten des Landes hinzieht. Die häufig benutzte Bezeichnung „Teppichindustrie“ ist übrigens irreführend: Zu mehr als 90% handelt es sich um Heimarbeit. Über entlegene Dörfer verteilt wird in Hütten gearbeitet, in denen höchstens 1-3 Knüpfstühle untergebracht sind.
Es gibt in Indien 280.000 registrierte Knüpfstühle, die räumlich über mehr als 150.000 km² verteilt sind. Man kann sich also leicht vorstellen, dass eine physische Kontrolle aller Knüpfstühle schnell an ihre Grenzen stößt und daher nur in sehr begrenztem Rahmen möglich ist. Hinzu kommt, dass sich auch die Einkäufer von Teppichen nur schwer ein Bild von den Verhältnissen machen können. Sie kaufen Teppiche in Musterräumen zum Beispiel in Delhi oder Varanasi und haben in der Regel nur selten Zeit und Gelegenheit, die Knüpfstätten zu besuchen. Zudem erschwert ein unübersichtliches System von Unternehmen, Subunternehmen, und Agenten den Durchblick. Sogenannte Kontrakter beauftragen eine mehr oder minder große Anzahl von Agenten mit der Teppichproduktion und rüsten diese mit dem benötigten Material aus. Die Agenten vergeben dann Aufträge an die Oberhäupter der knüpfenden Familien und vereinbaren einen Quadratmeter- oder Stück-Lohn sowie den Fertigstellungstermin.
Doch ein Teppich muss ja nicht nur geknüpft werden, sondern jemand muss die Schafe scheren und die Wolle spinnen, sie Färben und zu den Knüpfern transportieren und die Kettfäden im Knüpfstuhl spannen. Auch wenn das Knüpfen die zeitaufwendigste Arbeit ist, sind auch danach noch viele Arbeiten am geknüpften Stück notwendig: der Flor muss auf die gewünschte Länge zurückgeschnitten und der Teppich gewaschen und gespannt und Fehler müssen ebenfalls beseitigt werden. All diese Tätigkeiten sind sehr arbeitsintensiv und müssen – neben Wolle und Knüpfer – ebenfalls bezahlt werden, was sich selbstredend auf den Verkaufspreis im Handel ausschlägt. Die Löhne der meisten Arbeiter sind – im internationalen Vergleich – recht gering, es handelt sich allerdings auch häufig um Länder mit großer Armut und niedrigen Lebenshaltungskosten. Besonders für die Knüpfer handelt es sich recht häufig um einen Zusatzverdienst neben der Landwirtschaft, die meist der reinen Selbstversorgung dient.